Niederschwellige Hilfe und Orientierung
Christina Werner vom DRK berät erwachsene Migranten bei der sprachlichen, beruflichen und sozialen Integration
Bühl (kkö). Seit Mai verfügt der DRK-Kreisverband Bühl-Achern über ein neues Angebot: eine „Migrationsberatung für Erwachsene“ (MBE). Christina Werner füllt die Stelle fachlich wie menschlich mit viel Leben, wie im ABB-Interview deutlich wird. Zu ihrer Vita: Werner studierte Interkulturelle Kommunikation und Bildung; bis 2018 koordinierte sie am Landratsamt Karlsruhe die „Berufswegeplanung“.
War ihr Schwerpunkt dort die Orientierungshilfe für Jugendliche, berät sie nun Erwachsene ab 27 Jahren, dennoch kommt ihr die Erfahrung mit Geflüchteten zugute, wie sie bereits in den ersten Monaten ihrer Arbeit in Bühl feststellen konnte. Denn: „Fremde“ Kulturen haben für Werner längst ihre Fremdheit verloren; sie weiß um landestypische Sitten, Verhaltenskodexe, Religionsunterschiede. Zudem kennt sie die bestehenden Netzwerke im Bereich der Migration: Das Jobcenter etwa, die Agentur für Arbeit oder Integrationsbeauftragte und -manager bei Kommunen und Landratsämtern.
Die Vernetzung mit solchen Anlaufstellen zählte denn auch zu ihren ersten Tätigkeiten. „Es ging darum, deren Strukturen kennenzulernen und zugleich auf mich aufmerksam zu machen: Hallo, mich gibt’s!“, sagt sie vergnügt. Besonders hilfreich sei für sie die DRK-eigene „Servicestelle Interkulturelle Begegnung“ (SIB), über deren Angebote sie auch erste Kontakte zu ihrer Zielgruppe geknüpft habe. Dieser ordnet sie keineswegs nur Geflüchtete zu. „Gerade für Menschen mit Fluchthintergrund wird inzwischen recht flächendeckend Hilfe angeboten. Andere Zielgruppen kann ich besser erreichen, zum Beispiel Zugewanderte aus der EU oder Spätaussiedler.“
Ein typisches Beispiel sei ein Türke, der in Bühl Arbeit fand und nun den Familiennachzug plant: „Ihm geht es um die beruflichen Perspektiven für seine Frau.“ Die Anerkennung von Ausbildungen und Studienabschlüssen werde in Deutschland noch immer bürokratisch-restriktiv gehandhabt, bedauert sie in dem Kontext. „Es erfolgt aber ein Umdenken“, unterstreicht KV-Vorstand Felix Brenneisen, und verweist etwa auf die Bestrebungen der IHK, Ausländer für eine Zeit auf Probe arbeiten zu lassen, um ihre Fähigkeiten einschätzen zu können – und bestenfalls auf die Forderung nach einer deutschen Ausbildung zu verzichten. Um mit Blick auf diese Veränderungen, aber auch ganz generell das Asylrecht oder die Sozialgesetzgebung betreffend auf dem Laufenden zu bleiben, besucht Werner Weiterbildungen des DRK-Landesverbandes.
Ihre Beratung, resümiert sie, ziele darauf ab, zugewanderte Personen bei ihrer sprachlichen, beruflichen und sozialen Integration zu unterstützen. „Sie sollen selbstständig handeln können, in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens.“ Wichtig erscheint ihr, dass die Menschen ihr nicht „zugewiesen“ werden, sondern freiwillig erscheinen. Das Rote Kreuz sei weltweit anerkannt und neutral, fügt Brenneisen hinzu: „Auch das sorgt für Akzeptanz und Vertrauen. Die Hemmschwelle, uns aufzusuchen, ist vergleichsweise niedrig.“ Zumal Werner auch Sprechstunden ohne Anmeldung anbietet („Anrufen kann für Ausländer eine große Hürde darstellen“). Die kostenlose App Mbeon ergänze ihr Angebot perfekt, befindet die junge Frau, sei sie doch wohnortunabhängig und auch auf Englisch, Arabisch und Russisch verfügbar. „Ich selbst spreche ‚nur‘ Englisch und Französisch.“
Auf die Frage, ob die Arbeit ihr gefalle, nickt sie strahlend. Und sagt: „Besonders, wenn ich jemandem wirklich weiterhelfen kann. Und der Kontakt mit Menschen aus aller Welt ist wirklich total spannend.“
Info
Offene Sprechstunden bietet Christina Werner beim DRK-Kreisverband in der Rotkreuzstraße 1 montags und dienstags von 9 bis 12 Uhr sowie von 14.30 bis 17.30 Uhr an, Sprechstunden nach telefonischer Vereinbarung von Montag bis Freitag, Telefon (01 51) 5 804 98 04.
Quelle: ABB vom 11. September 2019, Katrin König